Expertise Leuchtdioden: umwelt-, gesundheits- und verbraucherrelevante Aspekte von Leuchtmitteln auf Basis von LED (FKZ: 3709 93 306)

Umwelt- und Qualitätsaspekte von Lampen sind v. a. durch die Ökodesign-Verordnung zu Haushaltslampen mit ungebündeltem Licht und die Diskussion um den damit einhergehenden „Glühlampen-Ausstieg“ in den Blick der Öffentlichkeit gerückt. Damit verbunden ist ein gesteigertes Interesse von Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie der Fachöffentlichkeit an neuen, energieeffizienteren Techniken. Dazu gehören unter anderem Beleuchtungsprodukte, die mit Leuchtdioden (Licht emittierende Dioden, LED) arbeiten. Prognosen zur Marktentwicklung sagen bis 2020 einen starken Anstieg des Marktanteils für LED-Beleuchtung voraus.

Im Auftrag des Umweltbundesamtes analysiert Ökopol in der vorliegenden orientierenden Bewertung dieses Technologiepfades die umwelt- und gesundheitsrelevanten Eigenschaften von Lampen auf Basis von anorganischen LED und soweit möglich auch von organischen LED (OLED) sowie Gebrauchseigenschaften, die von entscheidender Bedeutung für die Akzeptanz der Technik sind.

Basierend auf einer Beschreibung des Aufbaus der Leuchtmittel und der verwendeten Stoffe und Materialien untersucht die Studie mögliche Risiken durch die eingesetzten Stoffe, die optischen Eigenschaften, die Verfügbarkeit relevanter Rohstoffe, mögliche Szenarien zur Entsorgung sowie die Energieeffizienz(‑entwicklung) und weitere Gebrauchseigenschaften, unter anderem die Lebensdauer. Der Schwerpunkt der Expertise liegt bei LED-Lampen auf Basis anorganischer LED, die als Ersatz für die in der Haushaltsbeleuchtung traditionelle Glühlampe dienen, so genannten Retrofit-Lampen. Die Ergebnisse zu den einzelnen untersuchten Aspekten sind im Folgenden zusammengefasst:

Gefährliche Stoffe: Die identifizierten in LED-Chips verwendeten Stoffe haben den verfügbaren Daten zufolge nur in begrenztem Maß toxische und/oder ökotoxische Wirkungen. Eine Freisetzung dieser Stoffe aus dem Halbleiter oder dem Trägermaterial ist bei bestimmungsgemäßer Verwendung zudem sehr unwahrscheinlich. Eine erste Abschätzung maximal möglicher Freisetzungen aus für LED technikimmanenten Bauteilen zeigt, dass die Expositionshöhen selbst unter Annahme von „Worst case“-Bedingungen (vollständige Freisetzung und Aufnahme der in LED enthaltenen Stoffe) in Bezug auf den Menschen und die Umwelt unterhalb bekannter Wirkschwellen liegt. Hinzuweisen ist jedoch darauf, dass bei fehlenden Wirkschwellen eine Risikoabschätzung im Rahmen der Studie nicht möglich war, insbesondere bezüglich der Risiken, bei der (unwahrscheinlichen) Aufnahme der Stoffe in den Körper an Krebs zu erkranken. Zudem bestehen teilweise noch relevante Datenlücken in Bezug auf die Identifikation von Inhaltsstoffen und die Risikocharakterisierung einzelner Verbindungen, so dass in dieser Studie eine abschließende Risikobetrachtung nicht vorgenommen werden kann.

Optische Eigenschaften und gesundheitliche Bewertung: Die von LED-Lampen ausgehenden elektrischen und magnetischen Felder liegen Messungen zufolge bei Berücksichtigung der bekannten frequenzabhängigen Wirkungen auf den menschlichen Körper etwa im Bereich derer von Glühlampen und können damit als gering bezeichnet werden. LED-Lampen hoher Qualität haben bereits heute recht gute Farbwiedergabeeigenschaften. Im Vergleich zu Fluoreszenzlampen weisen Weißlicht-LED keine grundsätzlich andere spektrale Qualität in Bezug auf die enthaltenen Blaulichtanteile auf. Das Risiko gegenüber akuten Blaulichtschäden liegt daher für Weißlicht-LED in der Streubreite der Risiken von Fluoreszenzlampen vergleichbarer Farbtemperaturen und kann bei der aktuell für die Allgemeinbeleuchtung verwendeten Technik auf Grund fehlender UV-Anteile für Kinder sogar geringer ausfallen. Erhöhte Langzeitrisiken durch LED- und Fluoreszenzlampen erscheinen gegenüber Glüh- und Halogenlampen aufgrund größerer Relativbeiträge blauen Lichts aber grundsätzlich möglich. LED weisen zudem häufig hohe, unter Umständen zu Blendungen führende Leuchtdichten auf, die sich jedoch durch die Konstruktion der Lampe bzw. Leuchte vermeiden lassen. Unabhängig von der verwendeten Technologie dämpfen kaltweiße Leuchtmittel bei gleicher Beleuchtungsstärke und Leuchtdichte aufgrund der höheren Anteile circadian wirksamen Lichts die Melatoninsynthese grundsätzlich stärker als warmweiße Leuchtmittel. Ob sich die Wirkungen warmweißer LED (und Fluoreszenzlampen) auf die circadiane Rhythmik in irgendeiner Weise von denen durch Glüh- und Halogenlampen unterscheiden, lässt sich jedoch nach derzeitiger Datenlage nicht sagen.

Verfügbarkeit der Rohstoffe: Bei den für LED benötigten Rohstoffen besteht das größte Versorgungsrisiko im Hinblick auf Gallium, welches derzeit als Galliumnitrid für Weißlicht-LED essenziell ist. Für Gallium und auch für Indium ist dabei allerdings von besonderer Bedeutung inwieweit die Rohstoffeffizienz bei der Herstellung verbessert werden kann. Bei den Leuchtstoffen ist derzeit der Einsatz v. a. von Yttrium üblich, für dessen Verfügbarkeit auch eine steigende LED-Produktion nur geringe Auswirkungen haben dürfte. Bei der Elektronik besteht kein LED-spezifisches Rohstoffproblem, da die Vorschaltgeräte für LED-Lampen und -Leuchten prinzipiell ähnlich sind wie für andere Lampen und Geräte. Für die Kühlkörper bei LED-Retrofit-Lampen besteht ein relativ großer Bedarf an Metallen, meist Aluminium, deren Verfügbarkeit den Preis der Lampen beeinflussen kann. Auch OLED benötigen, obwohl sie auf organischen Halbleitern basieren, wertvolle Materialien, deren Knappheit und Kosten ein entscheidender Faktor für den zukünftigen Erfolg der OLED-Technologie ist. Tendenziell konkurrieren sie aber nicht mit LED, da die eingesetzten Materialien sich unterscheiden.

Entsorgung: Für die Abfallphase kann davon ausgegangen werden, dass LED-Lampen in die bestehenden Entsorgungswege gelangen. Es ist nicht davon auszugehen, dass sie dort zu akuten Risiken für Mensch oder Umwelt führen. Sowohl die jeweils sehr geringen Anteile der LED an den dort behandelten Abfallströmen, die bestehenden Risikominimierungsstrategien der etablierten Entsorgungswege als auch die Referenz auf die „Worst case“-Szenarien der orientierenden Risikobewertung im Kapitel zu gefährlichen Stoffen lassen diese Schlussfolgerung zu. Werden allerdings zukünftig möglicherweise LED-spezifische Behandlungswege etabliert, so sind entsprechende gezielte Risikobeurteilungen unbedingt notwendig und im Rahmen der entsprechenden Genehmigungsprozesse durchzuführen. Unter dem Aspekt der Ressourcenschonung und der Perspektive mittelfristig deutlich steigender Alt-LED-Mengen erscheint es notwendig zu prüfen, wie durch Maßnahmen der gezielteren Erfassung und Vorbehandlung die Voraussetzungen für spezifische Rückgewinnungsmaßnahmen der enthaltenen Stoffe geschaffen werden können. Erst so wird eine quantitative Rückführung der enthaltenen Technologierohstoffe in die Produktionsprozesse möglich.

Energieeffizienz, Lebensdauer und Lebenszykluskosten: Bezüglich der Energieeffizienz sind LED-Lampen bereits heute etwas leistungsfähiger als Kompaktleuchtstofflampen. Perspektivisch haben sie ein hohes Potenzial zur weiteren Steigerung der Effizienz. Bereits jetzt erreichen Leuchtmittel auf LED-Basis im Vergleich zu herkömmlichen Leuchtmitteln sehr lange Lebensdauern. Aufgrund dieser hohen Lebensdauern ist jedoch der Erhalt des Lichtstroms über die Zeit schwer nachzuprüfen bzw. es sind langwierige Messungen nötig, sodass tatsächliche Erfahrungen mit der Lebensdauer aktueller Produkte bislang kaum vorliegen. Während LED-Lampen im Vergleich zu anderen Lampen derzeit noch recht teuer sind, ist laut Prognosen von einer erheblichen Kostensenkung auszugehen. Bei einer gleichzeitig steigenden Energieeffizienz ist daher zu erwarten, dass die Kosten über den Lebenszyklus der Lampe für Verbraucher deutlich sinken werden. Im Einzelhandel erhältliche OLED-Leuchten sind im Moment noch sehr teuer und haben vergleichsweise geringe Lebensdauern bei einer niedrigen Energieeffizienz. Perspektivisch wird ihnen jedoch in bezüglich all dieser Gebrauchseigenschaften ein hohes Verbesserungspotenzial zugesprochen.

Insgesamt bestätigt die Studie, dass bisher keine gravierenden Probleme in Bezug auf den Technologiepfad der LED-Beleuchtung „übersehen“ worden sind. In Hinblick auf einzelne Aspekte besteht allerdings weiterer Forschungsbedarf um Risiken und Umweltauswirkungen der prognostizierten deutlichen Intensivierung der Nutzung der LED-Technik weiter zu verringern. Darüber hinaus ist es erforderlich, eine gute Qualität von Beleuchtungsprodukten auf Basis von LED bzw. OLED zu gewährleisten.

Kontakt:

Dirk Jepsen

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